Die Stressfallen des Alltags
Kennen Sie es auch? Es ist Montagmorgen und Sie sind schon wieder spät dran. Schnell die Arbeitstasche schnappen, zum Auto hasten und los geht’s. An der ersten Kreuzung schaffen Sie es gerade noch, die schon gelbe Ampel zu passieren. Doch die zwei Ampel ist rot und Sie müssen warten. So ein Mist! Denn ausgerechnet heute müssen Sie doch pünktlich sein, da ein Meeting mit einem Ihrer wichtigsten Kunden ansteht. Und vorher brauchen Sie unbedingt noch Zeit, um dieses wichtige Dokument auszudrucken, welches als Gesprächsgrundlage dienen soll.
Glücklich endlich im Büro angekommen zu sein, dann der nächste Stress: Ihr PC will nicht hochfahren und Sie haben nur noch fünf Minuten, bis Sie beim Meeting sein müssen.
Die Arbeitswoche ist gerade einmal zwei Stunden alt und Sie merken, wie Sie von Minute zu Minute mehr in Stress geraten. Ihnen bricht der Schweiß aus, der Puls schießt in die Höhe, Sie können kaum noch klar denken und Sie haben das Gefühl, immer mehr die Kontrolle über die Situation zu verlieren. Der Tag ist gelaufen…
Den Säbelzahntiger gibt es nicht mehr
Bevor wir uns damit beschäftigen, wie wir in alltäglichen Stresssituationen schnell, einfach und effizient die Lage wieder unter Kontrolle bringen können, lassen Sie uns erst einmal schauen, wie Stress bzw. Stressreaktionen eigentlich entstehen.
Zunächst einmal ist Stress eine ganz normale Reaktion des Menschen, welche uns in die Lage versetzt, schnell reagieren zu können. Bei unseren Vorfahren dienten Stressreaktionen dazu, den Körper in erhöhte Alarmbereitschaft zu versetzen und beispielsweise vor Säbelzahntigern zu flüchten, um das Überleben zu sichern. Bei Gefahr schlug das Herz schneller, der Atem beschleunigte und die Muskeln spannten sich an. Der Körper war im wahrsten Sinne des Wortes „sprungbereit“. Gleichzeitig arbeiteten die Verdauungs- und Geschlechtsorgane langsamer. Das präziser arbeitende, aber wesentlich langsamere Großhirn wurde ausgeschaltet und die Reaktionen erfolgten instinktiv und dadurch schneller.
Die körperlichen Reaktionen auf Stress sind heute noch dieselben wie damals. Allerdings gibt es den Säbelzahntiger nicht mehr und meist geht es in Situationen, die in uns Stress hervorrufen, nicht um Leben oder Tod. Welche Reize heutzutage notwendig sind, damit sich ein Mensch gestresst fühlt und wie er mit der Situation umgeht, ist individuell sehr unterschiedlich.
Fest steht jedoch: Stress schadet auf Dauer der Gesundheit. Und das vor allem dann, wenn der Betroffene keine wirkungsvollen Stressbewältigungsstrategien kennt und somit ständig „unter Spannung“ steht.
Kleine Übung, große Wirkung
Übungen und Methoden zur Stressbewältigung gibt es zahlreiche, jedoch bedarf es oft viel Geduld und Übung, bis diese in stressigen Situationen tatsächlich wirken. Auch bei der ALI-Übung gilt: erst die Regelmäßigkeit der Wiederholung führt dazu, dass die Übung in stressigen Situationen nach wenigen Sekunden wirkt und Stresstrigger dämpft. Aufgrund ihrer Einfachheit und Nachvollziehbarkeit ist die Übung jedoch mit nur wenig zeitlichem Aufwand hoch effektiv und lässt sich überall gut umsetzen.
Mithilfe der ALI-Übung baut man in stressigen Situationen, die unseren Gemütszustand leicht aus der Ruhe bringen, einen Puffer zwischen Aktion und Reaktion ein, der es erlaubt, die Situation – egal, wie stressig sie sein mag – zu beobachten und dadurch eine gelassene Entscheidung zu treffen.
Die Zauberformel lautet: Atem-Lächeln-Innerlichkeit
Schritt 1: Atmen
Wann immer Sie merken, dass eine stressige Situation eintritt (z.B. das Warten an einer roten Ampel, obwohl man es eilig hat), halten Sie inne und atmen Sie tief ein. Konzentrieren Sie sich hierbei darauf, nicht in die Brust, sondern tief in den Bauch zu atmen. Durch die Bauchatmung wird das Zwerchfell aktiviert, das wiederum die inneren Organe massiert und dadurch zur Beruhigung des Körpers beiträgt. Um sicherzustellen, dass Sie in den Bauch atmen, legen Sie unterstützend eine Hand auf Ihren Bauch und spüren Sie, wie sich beim Einatmen die Hand hebt und beim Ausatmen wieder senkt.
Schritt 2: Lächeln
Nachdem Sie tief in den Bauch eingeatmet haben, setzen Sie ein wunderbares Lächeln auf. Dies wirkt in einer Stresssituation erst mal absurd, ist jedoch ein einfacher Trick. Denn durch die positive „Anspannung“ Ihrer Gesichtsmuskulatur, signalisieren Sie Ihrem Gehirn, dass gerade etwas Witziges oder Entspannendes passiert sein muss. Das Gehirn merkt hierbei nicht den Unterschied zwischen einer tatsächlich lustigen oder einer kurzfristig gefakten Situation. Durch das Lächeln setzen Sie innerlich einen Prozess in Gang, den das Gehirn verwendet, wenn wir entspannte Situationen verspüren – es werden Glückshormone ausgeschüttet.
Schritt 3: Innerlichkeit
Nehmen Sie sich nun ganz bewusst wahr. Merken Sie, wie Ihr Atmen fließt und wie sich Ihr Körper beim Lächeln verändert. Verharren Sie eine Weile ganz bewusst in dieser Situation. Und atmen Sie dabei ganz bewusst weiter ein und aus, so, als wären Sie mit etwas sehr zufrieden und als sei Ihnen etwas gut gelungen.
Quellen:
Mahlodji, A. (2018). Work Report 2019. Frankfurt am Main: Zukunftsinstitut GmbH
Willams, A. & Pennman, D. (2015). Das Achtsamkeitstraining. München: Wilhelm Goldmann Verlag
Brandt, E. & Fritsch-Kümpel, M. (2018). Stress – Das Trainingsbuch nach der Lotus-Strategie. Frankfurt am Main: Campus Verlag GmbH